Reif für die Insel

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Eine berufliche Auszeit muss nicht das Ende für die Karriere bedeuten

 

Burn-out gehört zu den aktuellen Buzzwords in den Medien. Jeden kann es treffen: Von der Assistentin bis zum Manager, vom Buchhalter bis zur Pressesprecherin. Die meisten Fachkräfte stehen heute unter ständigem Leistungs-, Kosten- und Zeitdruck. Viele denken daher immer häufiger über eine berufliche Auszeit nach. Entweder, um einem Burn-out vorzubeugen oder aber um die Folgen auszukurieren. Bedeutet dies auch gleichzeitig das Aus für die Karriere?

von Yasmine Limberger

 

Die Anforderungen, die der heutige Alltag in einer Welt der ständigen Erreichbarkeit mit sich bringt, kann schnell zur Überforderung führen. Hohe Verantwortung und der ständige Druck, überall funktionieren zu müssen, bringt zusätzlich auch viele Frustmomente mit sich, vor allem, wenn die Dinge, auf die man direkt keinen Einfluss nehmen kann, nicht richtig funktionieren. Auch im Team kann es unter Stress schneller zu Konflikten kommen und so führt schließlich eins zum anderen. Am liebsten würde man alles hinschmeißen, resignieren, kündigen oder auch einfach aussteigen. Dabei macht der Job prinzipiell ja Spaß, nur die Bedingungen stimmen eben nicht mehr.

Wer einige Jahre im Beruf ist, kommt evtl. auch an den Punkt, an dem mehr feststellt, dass er auf der Stelle tritt, nicht mehr weiterkommt, weder fachlich noch karrieretechnisch. Im schlimmsten Fall ertappt man sich sogar irgendwann dabei, dass der eigene Qualitätsanspruch dem hohen Kosten- und Zeitdruck nachgibt. Und plötzlich ist man sich sicher: So kann es nicht weitergehen!

Ob Burn-out oder Midlife-Crisis – einen Grund, sich mal für eine Weile aus dem Alltag zu verabschieden, findet sich schnell. Immer mehr Fachkräfte nutzen daher die Möglichkeit zu einem Sabbatical, einer beruflichen Auszeit. Man hat die letzten Jahre genug verdient, nun ist es Zeit, auch mal etwas für sich selbst zu tun, neue Eindrücke zu sammeln, die Batterien wieder aufzuladen, vielleicht auch, um ein Haus zu bauen, um die Welt zu reisen oder einfach mehr Zeit für die Familie oder sein Hobby zu haben.

Man ist sich sicher, die Zeit wird man effektiv nutzen, um nach ein paar Monaten oder sogar einem ganzen Jahr wieder frisch aufgetankt und mit neuer Motivation im Job zu erscheinen. Aber spielt der Arbeitgeber da so einfach mit?

Im Allgemeinen herrscht in vielen Branchen nach wie vor ein Fachkräftemangel. Für den Arbeitgeber stellt sich also die Frage: Wie kann ich meinen Mitarbeiter für einige Zeit ersetzen? Die Arbeit, die ohnehin schon für eine Person zu viel ist, kann nicht so einfach auf einen Kollegen übertragen werden. Der Chef könnte vorübergehend einen Freelancer einstellen, aber das bringt zusätzliche Kosten mit sich. Andererseits will der Vorgesetzte einen langjährigen Mitarbeiter aber auch nicht ganz verlieren und die Suche nach einem Nachfolger ist in der Regel auch nicht innerhalb einer Woche erledigt. Grundsätzlich sind Unternehmen daher häufig damit einverstanden, dass langjährige Mitarbeiter sich eine Auszeit gönnen und danach wieder im alten Job einsteigen. Einen Plan, um die Zeit zu überbrücken, gibt es jedoch dennoch nicht automatisch. Andere Unternehmen tolerieren die Auszeit zwar, machen aber deutlich, dass sie vorherige Position nicht freihalten können. Unter Umständen ist der Job als Teamleiter nach der Auszeit neu besetzt worden und man selbst steigt wieder als „normaler Sachbearbeiter“ ein.

Eine gute Vorausplanung des Sabbaticals ist daher das A und O. Und diese Planung sollte man vor allem selbst in die Hand nehmen. Wie geht man an die Sache heran?

1.) Zweck für die Auszeit definieren:

Prinzipiell sollte einem schon bewusst sein, wofür man die Auszeit nutzen möchte: Ob für eine Reise in ferne Länder, ein gemeinnütziges Projekt im In- oder Ausland, für den Hausbau oder um sein geplantes Buchprojekt endlich zu Ende zu bringen. Je konkreter das Ziel ist, umso besser kann man den Zeitplan festlegen und Vorkehrungen treffen, um die Zeit auch effizient zu nutzen.

2.) Zeitplan festlegen:

Wer eine Auszeit plant, sollte sich und seinem Arbeitgeber genügend Vorlauf einräumen. Wer in einem IT-Projekt steckt, sollte den Beginn des Sabbaticals entweder nach erfolgreichem Abschluss des Projekts wählen oder aber zumindest in eine günstige Projektphase legen. Die Dauer der Auszeit muss zudem konkret definiert sein. In der Regel dauert ein Sabbatical zwischen drei Monaten und einem Jahr.

3.) Mit dem Arbeitgeber/ Chef sprechen:

Wer sein Ziel und den Zeitplan definiert hat, sollte damit zu seinem Vorgesetzten gehen und sich mit ihm dazu abstimmen. Zunächst sollte man bei dem Gespräch die Vorteile in den Vordergrund stellen, die auch das Unternehmen davon hat und deutlich machen, dass man gerne bei dem Arbeitgeber bleiben möchte und hinterher wieder als motivierte und engagierte Arbeitskraft zurückkehrt. Auch sollte man sich auf jeden Fall um eine möglichst reibungslose Übergangszeit bemühen, also bereit sein, genügend Zeit für die Übergabe von Aufgaben oder Projekten an einen Kollegen oder Nachfolger einzuplanen. Nach dem Gespräch muss der persönliche Zeitplan evtl. noch einmal angepasst oder nach hinten geschoben werden. Von seinem generellen Vorhaben, eine Auszeit zu nehmen, sollte man sich aber nicht abbringen lassen.

4.) Vorher/Nachher beleuchten:

Wenn der Vorgesetzte einer Auszeit zugestimmt hat, sollte man auch konkret über den Wiedereinstieg sprechen. Welche Möglichkeiten stehen einem nach seiner Rückkehr zu Verfügung? Ist es möglich, in den alten Job zurückzukehren oder muss man sich evtl. auf neue Aufgaben einstellen. Welche neuen Projekte stehen an und welche Rolle könnte man übernehmen? Je nachdem, wie lange die Auszeit angesetzt ist, können die zukünftigen Aufgaben hier mehr oder weniger konkret definiert werden. Man sollte sich bei dieser Diskussion einerseits flexibel zeigen, aber in jedem Fall auch seine Qualifikationen und langfristigen Karrierepläne einfließen lassen. Bevor man in die Auszeit geht, sollte man um ein Zwischenzeugnis bitten, um die bisherige Arbeit und seine Erfolge zu dokumentieren. Man muss eben auch damit rechnen, dass während der Abwesenheit eine Umstrukturierung erfolgt oder der bisherige Vorgesetzte wechselt.

5.) Sabbatical-Vereinbarung schriftlich festhalten:

Spezielle Sabbatical-Verträge regeln, unter welchen Konditionen man nach der Unterbrechung seine Arbeit wieder aufnimmt. Halten Sie fest, dass Sie auf jeden Fall Anspruch auf Ihren alten Arbeitsplatz haben. Die Auszeit ist also nicht als Kündigung zu verstehen. Manche Unternehmen bieten für die Auszeit auch eine Kompensierung von angefallenen Überstunden an. Erkundigen Sie sich also im Vorfeld über die internen Möglichkeiten.

Und wie bereitet man sich geistig am Ende seiner Auszeit auf den Wiedereinstieg vor?

Wichtig ist, dass man sich auch dafür genügend Zeit lässt. Man sollte nicht Sonntags von der 6 monatigen Afrikareise wieder kommen und Montags wieder im Büro erscheinen. Auch sollte man sich nicht erst eine Woche vor dem Wiedereinstieg beim Chef melden und mal nachhören, was so passiert ist in der Zwischenzeit. Besser ist es, ca. zwei bis drei Wochen vor Ablauf mit einem Kollegen zu sprechen und sich so langsam auf den neuesten Stand zu bringen. Gleichzeitig sollte man Bilanz ziehen und sich vor Augen halten, was man aus der Auszeit gelernt hat und welche Bereicherungen die Zeit mit sich gebracht hat. Um nicht gleich wieder in alte Gewohnheiten zu verfallen, sollte man für sich ein paar neue Regeln definieren, z. B. mindestens zwei Abende in der Woche für private Dinge reservieren und pünktlich nach Hause gehen, regelmäßig Kontakt zu neuen Freunden halten, die man evtl. im Ausland kennengelernt hat, feste Termine für sportliche Aktivitäten einplanen etc. Für eine langfristige Work-Life-Balance sollte man sich also auf neue Gewohnheiten einlassen, die Zeit für persönliche Angelegenheiten vorsehen.

Sobald man wieder im Job zurück ist, sollte man sich selbst Zeit eingestehen, um wieder in den Rhythmus reinzukommen. Evtl. gibt es neue Tools oder Prozesse, an die man sich erst gewöhnen muss. Unter Umständen gab es tatsächlich eine Umstrukturierung und man musste die Abteilung oder das Aufgabengebiet wechseln. Wichtig ist, dass man ab sofort positiv an die Dinge heran geht und sich erstmal wieder ein Bild macht. Aber auch wenn Sie nach einiger Zeit feststellen, dass der neue/alte Job nicht (mehr) ihren Vorstellungen entspricht, bewahren Sie sich die bereichernden Erfahrungen aus dem Sabbatical so lange wie möglich und sehen Sie diese Zeit als ein Geschenk, das Ihnen keiner mehr nehmen kann. Nutzen Sie die neue Energie an dieser Stelle evtl. für den lange überfälligen Jobwechsel und suchen Sie sich in aller Ruhe eine neue berufliche Herausforderung. Letztlich entscheidet Ihre innere Einstellung darüber, ob Sie die Auszeit für neue Karrierechance nutzen.

 

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