Nur nicht die Krise kriegen –
Karriere- und Motivationsstrategien in Krisenzeiten
Eurokrise, Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Krisengipfel… Das Wort „Krise“ wird aktuell regelrecht inflationär gebraucht. Schritt für Schritt breitet sie sich aus – die Krisenstimmung!
Von Yasmine Limberger
Noch hat es den Anschein, als hat eine Rezession in den Unternehmen noch nicht wirklich Einzug gehalten. Dennoch sind bereits die Großen (und Kleineren) vorsichtig geworden und reagieren mit ersten deutlichen Maßnahmen zur Kosteneinsparung. Gewinnerwartungen und Umsatzprognosen werden nach unten angepaßt und man bereitet sich so langsam auf einen Sturm vor. Das ist auch richtig, denn in Zeiten wie diesen, sind Euphorie und übermäßige Risikobereitschaft fehl am Platz. Ebenso fehl am Platz ist es aber auch, sich von der allseits präsenten Krisenstimmung anstecken zu lassen. Zwar ist niemand wirklich in der Lage, genaue Abschätzungen über den weiteren Verlauf und die Folgen der Eurokrise abzugeben, Betriebswirte aber wissen, dass der natürliche Wirtschaftskreislauf alle sechs bis sieben Jahre eine Abschwungphase erwartet, auf die wiederum ein neuer Aufschwung folgt. Was auch immer der Auslöser für die Wirtschaftskrise ist, ob dot.com Blase, Immobilienspekulationen oder Fehlinvestitionen von Finanzinstituten. Irgendwer hat irgendwie über seine Verhältnisse gelebt und nun müssen es alle ausbaden. Und das passiert leider immer wieder. Durch politische volkswirtschaftliche Gegenmaßnahmen zieht man dann den Karren wieder aus dem Dreck und die Wirtschaft gewinnt langsam wieder an Fahrt. Dieser Zyklus ist also nichts Besonderes, sondern so sicher wie Ebbe und Flut an der Nordsee. Unternehmen müssen für diese Schwankungen gewappnet sein und rechtzeitig betriebswirtschaftliche Maßnahmen einleiten, um sicher durch den Sturm zu kommen. Das führt oftmals auch zu schmerzlichen Einschnitten für jeden einzelnen Mitarbeitern.
Was aber bedeutet die Wirtschaftslage letztlich für die Karriereplanung?
Was sollten Berufseinsteiger gerade in solchen Zeiten beachten und wie motiviert man sich als IT-Spezialist, wenn beim eigenen Arbeitgeber bereits erste einschneidende Maßnahmen spürbar sind?
Zunächst einmal: Nicht von der Krisenstimmung einschüchtern lassen, sich von negativen Nachrichten, ausgebliebenen Bonuszahlungen oder eingefrorenen Gehältern nicht demotivieren lassen. Eines muss einem klar sein: In solchen Zeiten eine Gehaltserhöhung verhandeln zu wollen, mit dem Vorgesetzten über eine Beförderung zu sprechen oder aber auf einen geplanten Einsatz im Ausland zu spekulieren, ist in Zeiten wie diesen eher unangebracht. Und ein spontaner Jobwechsel aus Frust über Gehaltskürzungen oder gestrichene Trainingsbudgets könnte im Desaster enden. Das bedeutet aber nicht, dass man einfach die Füße stillhalten muss und resigniert abwarten sollte, was passiert. Im Gegenteil. Die Karriereplanung geht auch in Phasen des Abschwungs weiter und es gilt, das Beste daraus zu machen.
Machen Sie sich ein Bild von der tatsächlichen Situation in Ihrem Betrieb.
Wie reagiert das Unternehmen auf die derzeitige Wirtschaftslage. Sprechen Sie offen mit Ihrem Vorgesetzten über Ihre Unsicherheiten und fragen Sie, welche Strategie der Arbeitgeber hat bzw. welche Maßnahmen geplant sind. Warten Sie wenn möglich nicht erst darauf, bis die Geschäftsführung oder der Betriebsrat einen Sparplan verkündet, sondern nutzen Sie Ihr internes Netzwerk, um frühzeitig in die Pläne eingeweiht zu werden. Bei größeren Unternehmen dürfte das schwierig sein, dennoch sollte man das offene Gespräch zumindest mit dem Vorgesetzten suchen, der unter Umständen bereits früher aufgefordert wird, an einem Sparplan mitzuarbeiten. Bieten Sie konstruktive Unterstützung an, signalisieren Sie, dass Sie für einen sinnvollen Plan zur Einsparung von Kosten Verständnis haben und bereit sind, daran mitzuarbeiten. Wenn Ihr Vorgesetzter offen mit Ihnen über die bisher geplanten Maßnahmen spricht werten Sie dies als hohen Vertrauensbeweis und enttäuschen Sie ihn nicht, in dem Sie mit Ihrem Wissen den Flurfunk bereichern. Bewahren Sie absolutes Stillschweigen und fragen Sie Ihren Chef lieber nach einem effektiven und zügigen Kommunikationsplan vom Management. Machen Sie auch selbst Vorschläge, wie sich in Ihrem Bereich, Kosten einsparen lassen.
Bei den anstehenden Jahresgesprächen verfolgen Sie dennoch Ihre bisher vereinbarten Ziele und versuchen Sie, Ihren Karriereentwicklungsplan wenn nötig nur quartalsweise nach hinten zu schieben. Vermerken Sie in einem Protokoll die Gründe, warum Trainings oder Aufgabenschwerpunkte zeitlich verschoben wurden. Dokumentieren Sie stattdessen neue Ziele und wie Sie sich an den Kostensparplänen des Unternehmens konstruktiv (z.B. durch Mitarbeit in einem Arbeitskreis zur Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung) beteiligen werden. Achten Sie darauf, dass nach einem angemessenen Zeitrahmen ein Folgegespräch für Ihre weitere Karriereentwicklung und auch die erreichten Ziele erneut festgehalten werden. So stellen Sie sicher, dass Sie und Ihr Vorgesetzter Ihren langfristigen Karriereplan nicht aus den Augen verlieren.
Was aber, wenn Sie als Mitarbeiter nicht in die Entscheidungen zur Kosteneinsparung mit einbezogen werden und immer wieder mit für Sie nicht nachvollziehbaren Maßnahmen konfrontiert werden? Denken Sie daran, dass Sie in Ihrer Position evtl. nicht das ganze Bild sehen und erwarten Sie auch nicht, dass das Management immer jedes Detail in den unterschiedlichen Fachabteilungen kennt bzw. berücksichtigen kann. Seien Sie weiterhin realistisch! Machen Sie sich klar, dass es in der Wirtschaft immer wieder Krisenzeiten gibt, die es so gut wie möglich zu meistern gilt und dass Ihr Arbeitgeber sich seiner sozialen Verantwortung durchaus bewusst ist. Bleiben Sie optimistisch und verbreiten Sie keine pessimistische Stimmung. Fragen Sie aber auch regelmäßig Ihren Vorgesetzten nach einem Update zur Lage und welche weiteren Aktionen geplant sind. Wenn Ihr Chef Sie nicht mit einem standardisierten Karriereplan unterstützt oder wenn Sie gerade am Anfang Ihrer beruflichen Karriere stehen, machen Sie spätestens jetzt einen eigenen Entwicklungs- und Karriereplan. Schreiben Sie Ihre kurz-, mittel- und langfristigen Karriereziele auf und überlegen Sie sich, wie Sie Schritt für Schritt zum Ziel kommen. Notieren Sie Störgrößen und Risiken, die Sie von Ihren Zielen abbringen könnten und überlegen Sie sich einen entsprechenden Risikoplan. Setzen Sie realistische Zeiträume an, in denen Sie die einzelnen Ziele erreichen wollen und fügen Sie jedem Ziel die entsprechenden Maßnahmen an. Überprüfen Sie regelmäßig, ob Ihr Plan sich so noch erfüllen lässt, oder ob Sie umdenken müssen. Suchen Sie sich als Berufseinsteiger ein Unternehmen aus, dass bereits in der Vergangenheit einigermaßen sicher durch Krisenzeiten gekommen ist und nicht ständig durch Negativschlagzeilen von sich Reden macht. Nicht immer ist dabei ein bekannt klingender Markenname die beste Wahl. Informieren Sie sich genau über Ihren potenziellen Arbeitgeber, seine Finanzsituation, seine Gesellschaftsform, Beteiligungen etc.
Für Ihre Karriere müssen Sie immer flexibel und realistisch bleiben.
Bedenken Sie, dass die von Ihnen erkannten Störgrößen evtl. auch einen räumlichen Wechsel oder eine neue Spezialisierung bedingen, wenn der Markt es so fordert. Sehen Sie jede Veränderung als Chance und nicht als lästiges, aber notwendiges Übel. Was die Wirtschaft ebenso wie Ihre Karriere gerade jetzt stärkt sind Standhaftigkeit, Durchhaltevermögen, Innovationsbereitschaft und Kreativität und Selbstmotivation. Je flexibler, realistischer und optimistischer Sie an die Sache heran gehen, um so eher werden Sie Ihr individuelles Karriereziel erreichen. In guten wie in schlechten Zeiten. Also, immer schön locker bleiben und bloß nicht die Krise kriegen.